SPORT BILD
25.02.2004
Energie-Mediziner macht Völker flott
Von Sven Beckedahl
Drei der prominentesten deutschen Schwimmer wechselten in kurzer Zeit nach Berlin. Zuletzt Sandra Völker, die sich dort auf Athen 2004 vorbereitet – mit Hilfe eines Mannes. Sein wunderbarer Beruf: Er ist Energie-Mediziner mit starkem Mittelfinger. Im ersten Moment roch es nach Panik, nach einer nervösen Überreaktion. Aus Angst, es bis zu den Olympischen Spielen nicht mehr zu schaffen. Sandra Völker hatte scheinbar über Nacht ihren Leipziger Schwimmtrainer Jirka verlassen und schuftet nun seit vergangener Woche in Berlin.
Dabei war die Sprintexpertin erst im September nach Sachsen gewechselt, nachdem sie die elfjährige Zusammenarbeit mit Trainer Dirk Lange in Hamburg abrupt beendet hatte. Ralf Beckmann konnte den neuerlichen Wechsel „erst gar nicht glauben". Der Sportdirektor des Deutschen Schwimm –Verbandes (DSV) gibt sogar zu:" Das hat mich kalt erwischt." Inzwischen hat sich Beckmann mit der routinierten Athletin ausgetauscht und hält die „schnelle Entscheidung aus ihrer Situation heraus für nachvollziehbar". Die Zeit drängt. In Athen wähnt sie nach 14 Jahren in internationalen Gewässern und zuletzt manchem Rückschlag noch einmal die Chance, etwas Großes zu erreichen: in Berlin, bei Trainerin Beate Ludewig - und Dr. Herbert Koerner, einem Orthopäden, der sich als Energie- und Informationsmediziner versteht. Bereits am 5.November hatte Völker den Berliner Mediziner im Bundesleistungszentrum in Leipzig beobachte.
Sie sah, wie sich ihr Schwimmkollege Jens Kruppa wegen seiner Kreuzschmerzen von Koerner untersuchen ließ. Kruppa saß entspannt auf einem Stuhl, während Koerner den Kopf des Schwimmers an seine Brust drückte. Dann fixierte der 60-Jährige seinen linken Mittelfinger knapp unterhalb von Kruppas rechtem Ohrläppchen, spannte Bauch und Rückenmuskulatur an, stieß zwei kehlige Laute aus. Kruppa stand auf - und war schmerzfrei. Völker fragte irritiert:" Wer ist das?" Koerner hatte Eindruck hinterlassen. Dabei war der Berliner nur im Gefolge von Ludewig in Leipzig erschienen, die bei der so genannten Komplexen Leistungs-Diagnotik (KLD) die Form ihres Athleten Stev Theloke messen lassen wollte. Der 26-Jährige hatte sich bereits regelmäßig von Koerner behandeln lassen und wollte nun wissen , wie sich dies auf seine Leistung auswirkt. Danach hatte Theloke keinen Zweifel mehr, dass der Berliner Arzt der richtige für ihn ist:" Bei mir war die KLD eindeutig Ausschlag gebend. Da sind Werte rausgekommen, an die hätte ich nie geglaubt. Da war mir klar: " es muss so funktionieren, ich glaube nicht an Wunder."
Völker erst recht nicht. Doch sie sagt von sich: " Ich bin ein tierisch neugieriger Mensch. Wenn etwas zur legalen Optimierung meiner körperlichen Leistung beiträgt, interessiert es mich doppelt. Ich konnte mit der Energiemedizin ja überhaupt nichts anfangen. Für mich war es wichtig, dass ich es auch merke. Offenbar spürte sie eine Menge. Zunächst klärte sie mit Ludewig die rein sportlichen Aspekte. „Das Gespräch mit Beate war das Wichtigste, weil es dazu geführt hat, dass ich wechseln möchte." Hinzu kommt, dass sie die Behandlung durch Koerner überzeugte. „Ich merke zur Zeit, dass es mir gut tut und dass Dinge in meinem Körper passieren, dass ich auf die Behandlung reagiere. Jetzt möchte ich natürlich auch wissen, inwieweit sich das auf mein Training und die Wettkämpfe auswirkt." Der Wirbel um den Wechsel ist ihr bewusst. „Das Ganze war ja ein Prozess", sagt sie," für die Öffentlichkeit sah es natürlich so aus, als hätte ich mich von heute auf morgen entschieden. Für mich war klar, dass es in Leipzig in der Konstellation nicht funktioniert. Man kann nicht von mir verlangen, dass ich mit einem erkannten Fehler weiterlebe – daran wäre ich zerbrochen." Nun befindet sie sich unter Gleichgesinnten. Auch Theloke („ Ich hatte keinen Bock mehr") und die fünf Jahre ältere Katrin Meißner („wenn ich es jetzt nicht mache, wird das nichts mehr") verließen ihre Trainerinnen, um sich wie Völker „ optimal auf die Olympischen Spiele vorzubereiten". Mit Ludewig und Koerner präsentieren sie sich demonstrativ als Fünfer-Team, Theloke und Völker wohnen gar bis auf weiteres in der Villa des Mediziners in Berlin-Karlshorst. Gegenüber den Medien sind sie vorsichtig, geben sich als verschworener Haufen. Theloke: "Den Rebellengedanken hatten wir vorher, nun wurde er umgesetzt. Wir wollen alle schnell schwimmen."
Wo Nuancen über Sieg und Niederlage bestimmen, sieht das Trio die Unterstützung Koerners wohl als letzten, wenngleich entscheidenden Ausweg. Auch wenn den drei Schwimmern schwant, dass sie als Exoten belächelt werden. Was unbegründet ist. Selbst Beckmann sagt:" Beate ist eine erfahrene, hoch qualifizierte Trainerin. und Dr. Koerner hat sicher seine Qualitäten, er ist für den DSV ja kein Unmensch. Wenn die Sportler davon profitieren, umso besser. Das ist legal und nicht irgendeine Zauberei." Koerner ist sich seine r Bedeutung bewusst. Bis zum großen Ziel in Athen im August sieht er seine Hauptaufgabe darin, bei Völker und Co „den negativen Stressfaktor runterzufahren. Als Enegiemediziner mache ich bei den Athleten eine Abstimmung wie der Mechaniker beim Formel-1-Wagen. Wenn der nicht gut abgestimmt auf die Rennstrecke geht, fliegt er raus oder fährt langsam."